Oft werde ich im Erstgespräch gefragt, was ich von einem bestimmten Yachttyp halte, den mein Gegenüber gerade ins Auge gefasst hat – nicht selten, weil ihm/ihr gerade ein „For sale“-Schild an einem attraktiven Rumpf oder eine entsprechende Verkaufsanzeige ins Auge gesprungen ist. Mir liegt dann als Antwort stets die schlichte Gegenfrage „Warum?“ auf der Zunge. Denn was könnte für einen angehenden Yachtkäufer weniger relevant sein, als meine persönlichen Präferenzen in Bezug auf den einen oder anderen Bootstyp? Schon in meinen vielen Jahren als Yachttester war ich stets darauf bedacht, meine persönlichen Vorlieben komplett auszublenden, denn sie stellen eben keinen relevanten Maßstab dar.
Ich bin schon stolzen und zufriedenen Eignern von Booten begegnet, die ich nicht einmal geschenkt nehmen würde, weil ich damit persönlich nichts anfangen könnte. Und ebenso sind mir schon Eigner begegnet, die potenzielle Traumschiffe von mir besaßen, aber ihrerseits damit wenig anfangen konnten und sich an Dingen störten, die ich gern in Kauf genommen hätte. Allerdings sind mir zwei Arten von Yachten bislang nie begegnet, obwohl ich schon hunderte unterschiedlicher Bootstypen kennengelernt habe: solche, zu denen man grundsätzlich jedem raten kann, und solche, von denen man grundsätzlich jedem abraten sollte. Jeder Yachttyp vermag Eigner glücklich oder unglücklich zu machen – es ist allein eine Frage der jeweiligen Erwartungen und des individuellen Anspruchs.
Die bessere Gegenfrage lautet daher: „Warum gerade dieses Schiff?“ Denn damit lässt sich zumindest schon einmal eine grobe Richtung verorten. „Weil es uns gefällt“ ist schonmal ein guter Grund – aber sicher finden Sie auch in Ihrem Kleiderschrank manch einstiges Lieblingsstück, das Sie heute nicht mehr anziehen würden. Zu unbequem, zu unpraktisch, zu ausgefallen – nicht jeder potenzielle Knackpunkt erschließt sich gleich auf den ersten Blick beziehungsweise beim ersten An-/Ausprobieren. Eine Yacht wird jedoch im Allgemeinen deutlich länger genutzt als ein Kleidungsstück – durchschnittlich verbleibt ein Boot über ein Jahrzehnt beim jeweiligen Besitzer, vielfach auch deutlich länger. Somit ist es durchaus sinnvoll, sich vor dem Kauf auch entsprechend länger und intensiver mit der Entscheidungsfindung zu befassen.
Von Fachleuten wird der Yachtkauft mitunter eher mit einem Eigenheimerwerb verglichen – was auch der technischen Komplexität näherkommt –, und würden Sie einen solchen ohne fachkundige Unterstützung angehen? Sicher sind die Zahl und Größe der Zimmer sowie die Lage dabei wichtige Faktoren, deren persönlichen Nutzen Sie allein am besten einschätzen können – aber als Eigenheimbesitzer kann ich Ihnen versichern, dass diese Faktoren allein sie nicht vor einer Fehlinvestition bewahren werden. Selbiges gilt für den Bootskauf.
Für alles weitere bedarf es umfangreicher Erfahrungen, entsprechender Fach- und Marktkenntnisse sowie – vielleicht sogar das Wichtigste – eines unvoreingenommenen Blickes auf die Sache. Und selbst wenn das Ganze am Ende zum selben Ergebnis führt wie Ihre eigenen Überlegungen – was übrigens tatsächlich eher selten der Fall ist – haben Sie immerhin das Risiko minimiert, ihre Entscheidung später wieder zu bereuen, was durchaus auch ein Gewinn ist.
Bedenken Sie auch, dass das, was Sie am Boot später stört, ebenso andere abstoßen könnte. Sofern Letztere sich aber schon im Vorfeld entsprechende Gedanken gemacht haben, könnten sie es als wertmindernden Aspekt beim Wiederverkauf anführen. Es geht hier also nicht nur um den vielzitierten „Wohlfühlfaktor“, sondern ebenso um handfeste Investitionsrisiken.